neu bearbeitet: FEB 2020
Anmut der Bewegungen, die den Siamesen eigen ist, sah man in höchster Vollkommenheit bei den Schauspielern. öffentliche Theater habe ich nicht kennen gelernt. Verschiedene fürstliche Persönlichkeiten hatten ihre eigenen Bühnen und Schauspieler, und ich bin mit meinen Eltern auf Einladung des damaligen Ministers des Innern, Tschaufa Maha Mala, und einer anderen fürstlichen Persönlichkeit, die Kromatah hieß und ich glaube auch bei dem Kriegsminister und Ministerpräsidenten Kralahohm, wie er kurz genannt wurde und zu dem mein Vater freundschaftliche Beziehungen hatte, zu Aufführungen in deren Theatern gewesen. Prunkvoll waren die reichen juwelengeschmückten Gewänder von Gold und Seide und das Spiel, das oft nur mimisch war, zeigte wieder ganz besonders die geschmeidige Grazie. - Die Stoffe der Schauspiele waren meistens der siamesischen Geschichte und der Sage entnommen. Musikbegleitung fehlte auch nicht. Die siamesische Musik hat keinen großen Tonumfang, dadurch wirkt sie etwas melancolisch. Es gibt allerdings auch kleine lustige Lieder, aber meistens klingen sie schwermütig, was einen Gegensatz zum fröhlichen Siamesen bildet. - Schön war es, wenn vom Klong oder Fluß her, vielleicht in einem Boot einer die Laosflöte spielte und ein anderer dazu sang, nicht laut, ein wenig verhalten und nasal. - Eine große Freude bereitete mir Herr Dr. Schwend, der Leibarzt des Königs, als er mir aus Bangkok eine Laosflöte schickte für meine verlorene, der ich sehr nachgetrauert hatte. Sie hat eine ganze Reihe von Bambusrohren, die wie die Pfeifen einer Orgel angeordnet sind.
Es gab übrigens in Bangkok auch eine Musikkapelle, die ein Deutscher leitete. Sein Name ist mir entfallen. Die Kapelle spielte bei feierlichen Anlässen die sehr wirkungsvolle → siamesische Nationalhymne . Ich besaß die Noten, verlieh sie und habe sie leider nicht zurück erhalten. Ich habe sie auch in vielen deutschen Musikalienhandlungen, bei denen ich anfragte, nicht bekommen können. - Diese Musikkapelle spielte auch oft bei den Gartenfesten im königlichen Garten und im Park des Ministers des Äußeren, wozu wir verschiedentlich eingeladen wurden. Dann spielte sie meistens leichte europäische Musik. Und einmal überraschte sie uns mit einem deutschen Volkslied, und die ganze aus Siamesen bestehende Kapelle sang dazu die deutschen Worte. Das war uns natürlich eine Freude. - Mein Vater freute sich immer über das gute Einvernehmen zwischen der deutschen Kolonie und den Siamesen, den hohen Herrschaften wie dem einfachen Volk. -
Aber eine gewaltige Musik, ein Naturkonzert, das einen großen Komponisten begeistern müßte, vergesse ich nie. Das war in er Regenzeit, wenn nachts alles Menschliche still war. Dann rieselte, rauschte, floß und trommelte der Regen, die Ochsenfrösche orgelten, Schlangen zischten, die herrenlosen Pariahunde bellten, und viele andere Tierstimmen wurden laut. Es war eine großartige Symphonie, der ich mit Wonne und einem leisen Schauer lauschte. Nun noch etwas ganz anderes.