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Hamburger Gesellschaft für Thaiistik e.V.

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Dorothea von Staden
Aus meinen Erinnerungen an Thailand

nüng, song, sam ...

neu bearbeitet: FEB 2020

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Anfang der Erinnerungen
Anfang des Originaltextes

Aus meinen Erinnerungen an Thailand soll ich erzählen. Da muß ich zuerst sagen, daß es für mich noch Siam ist, wie es auch 1881 hieß, als ich mein geliebtes Jugendland verließ. Freilich nannten es die Siamesen untereinander "Müang Thai", wie sie sich auch "Kunn Thai" nannten. - Da möchte ich die Frage einschalten: Woher kommt der Name "Siam"? - Uns Deutsche nannten die Siamesen "Kunn Scheremann" und die Ausländer als Ganzes "Kunn Ferang". Waren wohl die Franzosen die ersten Europäer, die nach Siam kamen?

Ich habe kein liebenswürdigeres Volk kennen gelernt als das Siamesische. Seine kindliche frohe Wesensart nimmt einen schon gleich gefangen, und das herzliche Lachen, das ausdrucksvolle Lächeln der großen schwarzbraunen Augen wirkt so ganz anders als das unlebendige eingefrorene Lächeln des Japaners. Die Sprache habe ich fast ganz vergessen. Ich weiß nur noch einzelne Wörter und kann siamesisch zählen: nüng, song, sam, si ... und ein paar kleine Liedchen singen, und ich weiß noch, daß das Geld "Tikal, Salüng, Fuang, Pei" hieß.

Die Siamesen sind im allgemeinen nicht groß von Gestalt, aber die Geschmeidigkeit und Gelenkigkeit des schön gewachsenen Körpers und die natürliche Anmut ihrer Bewegungen könnten den Neid eines Akrobaten und Kunsttänzers erwecken. So arbeitsam wie die Deutschen sind sie nicht. Sie haben einen Stolz, der ihnen das verbietet. Das Klima und der Reichtum des Landes, wo ihnen alles, was sie zum Leben brauchen, zuwächst; Reis, die Fülle der schönen Früchte und die Fische, die sie fingen, das alles war reichlich genug und billig oder frei. An Früchten fallen mir ein: Pampelmusen, Apfelsinen, Limonen, Bananen, Ananas, Mango, Mangostin, Melonen, Durian, Rambuttan, Custard-apple, Leitschi, Guaven. Es gab noch viel mehr, und wie es zu jeder Jahreszeit grünte und blühte, so gab es auch immer Früchte.

Ich habe wohl in Bangkok und mehr noch in Singapore bettelnde Chinesen gesehen, aber niemals einen siamesischen Bettler.

Faulenzer waren sie keinenfalls, aber sie überanstrengten sich nicht. Daß sie sogar Bedeutendes leisteten, bezeugt ihr herrliches Kunsthandwerk, das in der Formschönheit hohe Kultur verrät: Die Holzschnitzereien aus dem harten Tickholz oder dem weicheren wohlriechenden Sandelholz mit köstlichen Intarsien aus Silber und Perlmutt, die schwarzgoldenen Lackarbeiten und die wunderbare Architektur, die sich in den von hoher Baukunst zeugenden Tempelbauten zeigt. Darüber haben berufenere Federn schon oft geschrieben. Die siamesische Kunst und das Kunstgewerbe, das wenigstens zu meiner Zeit nichts von Kitsch, wie leider bei uns, zeigte, beweist die alte Kultur, die einem dort auf Schritt und Tritt begegnet. Davon zeugte auch ein Gang durch das im Palastviertel gelegene Museum.

Leider gingen meinen Eltern bei ihrer Rückkehr auf unaufgeklärte Weise drei große Frachtkisten mit den schönsten Erzeugnissen siamesischer Kunstfertigkeit und kostbaren Raritäten verloren, ein unersetzbarer Verlust, dem ich noch jetzt nachtrauere, weil auch die einzigen Bilder von unserem Haus dabei waren und sie bedeuteten mir noch mehr als die Kostbarkeiten. - Ich selber hatte zwei große siamesische Puppen und das Modell eines der auf dem Menam verankerten schwimmenden Häuser (floating houses) mitgebracht, die ich trotz heftigen Protestes auf Wunsch meiner Großmutter dem Völkerkundlichen Museum in Hamburg schenken mußte. Sie meinte, wir hätten nicht Raum genug für ein Museum im Hause, und jetzt könnten viele sich daran freuen. - Außerdem bekam der Hamburger Zoo, der jetzt nicht mehr existiert, meine beiden siamesischen Lachtauben und eine schöne Siam-Katze.

Meine Eltern kamen drei Jahre nach mir nach Deutschland zurück, ich war  → 15 Jahre  alt, als ich Siam verließ, um in Hamburg die Schule zu besuchen. Meiner Großmutter, bei der ich war, verdanke ich es, daß der Übergang von dem für den Europäer in Siam üblichen Luxusleben in einfachere Formen durch manches andere und neue nicht schmerzhaft war.

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schwimmendes Haus - Modell
schwimmendes Haus - text

Das Modell des auf einem Floß schwimmenden Hauses mit Laden befindet sich noch heute im Museum am Rothenbaum [MARKK], allerdings auf dem Dachboden und etwas ramponiert.

Auf der zugehörige Karteikarte mit nebenstehendem Bild ist vermerkt:

Gesch. Frl. Thea Möller 1880
I.=Nr.: A 716
Zugang: 6. Januar 1880  Hausmodell
Beschreibung: Modell eines schwimmenden Hauses mit Verkaufsladen. Aus Holz u. Bambusstäben. Dach aus Stoff m. aufgeleimten Blattstreifen. Die Ladeneinrichtung besteht aus hölzernen Bänken, Borten u. Schränken m. Glasscheiben, Figuren, Töpfereien etc. sind aus bemaltem Ton.
H.  28,2 cm
B.  36 cm
T.  25,2 cm
Bangkok, Siam

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